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ST.JOACHIMSTHALER GROSCHEN

3. 6. 2021
Das Münzrecht (Münzregalien) gehörte im Mittelalter zum sogenannten Regalienrecht. Es gehörte ausschließlich dem Monarchen.  Das Münzgeld galt als Eigentum des Herrschers und war eine seiner Einnahmequellen.
 
Zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts gab es in Europa keine "große" Münze (im Sinne des Nennwerts), weil es nicht genug Gold zum Prägen gab. Deshalb versuchten verschiedene Staaten, Silbermünzen zu prägen. Diese Münzen wurden zunächst Guldiner oder Guldengroschen genannt. Sie ersetzten nach und nach die Goldmünzen im allgemeinen Gebrauch.
 
Im böhmischen Staat wurde zu dieser Zeit die Macht des Königs durch den hohen Adel geschwächt. Davon zeugt der Erwerb des Münzrechts durch die Familie Šlik. Dieses Recht erlangten sie, wohl mit Hilfe großzügiger Bestechungsgelder, am 9. Januar 1520 vom Landtag und durften damit "größere Groschen im Wert der rheinischen Goldmünzen, deren Hälften und Viertel" prägen. Diese Erlaubnis wurde anschließend von König Ludwig in einer Urkunde am 17. Oktober 1523 bestätigt - "auf dem Joachimsthaler Gebirge Kornpfennige zu schlagen, wie sie auf dem Kuttengebirge geschlagen werden, mit demselben Schlag und Text und mit einer kleinen Änderung in dem, was in ihr Wappen eingewebt ist". Ursprünglich wollte die Familie Šlik das Silber in Nürnberg außer Landes verkaufen (was einen weiteren Eingriff in die Rechte des Landesherrn darstellte) und schloss sogar eine Reihe von Verträgen in diesem Sinne ab, aber schon bald begann man mit dem Gedanken zu spielen, das Metall zu prägen. Einigen Berichten zufolge (Mathesius, Miesel, Agricola) prägte die Familie Šlik das in Joachimsthal gewonnene Silber bereits 1519 heimlich - probeweise - im Untergrund der Burg Freudenstein.
 
Vorbild war die sächsische Münze Klappmüntzentaler (offizieller Name war Guldengrosch oder Schreckenberger), die zwischen 1492 und 1525 in Schneeberg und Zwickau geprägt wurde. Seinen Namen erhielt er von der Kopfbedeckung der abgebildeten Herzöge Johann und Georg. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Münzen ihren Spitznamen, der sich auf den Taler bezieht, erst im Nachhinein nach dem Beginn der Prägung in Joachimsthal erhielten.
 
Die nun offiziell in der Münzstätte Šlik geprägten Münzen wurden nach dem Herkunftsort Joachimsthaler Guldengrosch, Joachimsthallergrosch, Jochmtaler Grosch, Thaler, Tolar genannt. Es wurde jedoch ihr abgekürzter Name - Tolars - verwendet. Der Name basiert auf dem ursprünglichen Namen des Herkunftsortes. Jáchymov hieß ursprünglich Tal, d.h. Thal. Aber im lokalen Dialekt wurde der Name der Siedlung als Tól ausgesprochen. Daher auch der Name Thaler, Tolar. Diese Münzen waren relativ groß und schwer, hatten eine hohe Prägequalität und eine, aus heutiger Sicht, hohe künstlerische Ausführung. Entgegen der üblichen Praxis wurde die Gravur auf der Münze über die gesamte Fläche in hoher Detailtreue verteilt und zum ersten Mal sehen wir auch das Zeichen des Münzmeisters auf den Münzen. Der Reinheitsgrad der Münzen betrug 931/1000 und das Gewicht 27,6 Gramm. Sie waren also praktisch reine Silbermünzen. Diese Reinheit wurde jedoch später durch Zugabe anderer Legierungen reduziert (die Münzen wurden abgeschnitten). Im Jahr 1520 wurden Zwei-, Drei- und Viertolare geprägt. Ab 1526 prägte die Familie Šlik Tolars in einer weiteren Münzstätte in ihren Silberminen in Horní Slavkov. Insgesamt prägte die Familie Šlik zwischen 1520 und 1528 3,25 Millionen eigene Münzen und 22 Millionen Prager Groschen. Ein Tolar wurde in 30 Silbergroschen oder 1 und 1/2 Goldstücke geteilt. Drei silberne Goldstücke zählen als zwei Tolars.
 
Auf der Vorderseite sehen wir den heiligen Joachim als Schildträger des Schlikower Wappens (damals fast identisch mit dem Stadtwappen) und mit der Inschrift Sanktum Joachim (Heiliger Joachim). Rund um den Umfang der Münze lesen wir die Inschrift: ARMA=DUOB=SLICOUV=STEFANI=ET=FRATR=COMITU=D=BASAIA - Münze der Herren von Slick Stephan und der Brüder der Grafen von Bassano (Arma Dominorum Slickorum Stephani et Fratrum Comitum de Bassano). Die Inschrift St. Jáchym wurde auf einigen Ausgaben (vor allem am Anfang) durch die Initialen SI und das Jahr der Prägung ersetzt.
 
Auf der Rückseite des Tolar sehen wir den böhmischen Königslöwen und die Inschrift LUDOVICUS-PRIM-D-GRACIA-REX-BOE = Ludwig der Erste König von Böhmen von Gottes Gnaden. Der Name des Monarchen, bzw. sein Konterfei, hat sich natürlich geändert.
 
Die Bedeutung dieser Münzen zeigt sich z.B. im Werk des englischen Dramatikers William Shakespeare - MacBeth. Die Kosten für das Abendessen des Kommandanten werden hier in Joachimsthaler Tolars berechnet. Ein weiteres wichtiges Zeugnis sind die Briefe von Jan Amos Comenius. In seinen Briefen bezifferte Komenský den Schaden, den ein Brand in der polnischen Stadt Leszno verursachte, auch in Tolare. Der Name der lokalen Münzen überlebt bis heute in der Folklore (Lieder, Märchen). Tolary-Gedenkmünzen wurden auch als Glücksbringer in die Wiegen von Neugeborenen gelegt. Darüber hinaus entwickelte sich der spanische Name für diese Münzen - dolleros - zum Namen einer der heute am weitesten verbreiteten Währungen - dem Dollar. In den deutschen Ausgaben von Karl Mays Werken verwendet der Autor das Wort "Taler" als Bezeichnung für den US-Dollar. Der Tolar kam im Zusammenhang mit den spanischen Eroberungen und der Errichtung der Kolonialherrschaft auf den amerikanischen Kontinent.

An der Prägung des Tolars änderte sich auch nach der Übernahme der Münzstätte durch den Monarchen im Jahre 1528 nichts, lediglich das äußere Erscheinungsbild der Münzen wurde verändert, indem die Attribute des Šlik entfernt wurden. Dennoch behielt die Familie Šlik erheblichen Einfluss auf die Führung der Münzstätte. Möglich wurde dies durch ihre Stellung als Hauptlieferant von Silber an die Münzstätte und auch durch die Tatsache, dass die Familie Šlik weiterhin Münzen in der Münzstätte prägen durfte. Nur nicht Tolars, sondern deren Gedenkmünzen. Ihres Einflusses beraubt wurden sie erst nach 1548, als ihr gesamter Besitz in Nordwestböhmen konfisziert wurde. Tolars wurden in Joachimsthal bis 1670 geprägt, als Rudolf II. die Prägung wegen des Mangels an prägbarem Metall endgültig einstellte.

Tolars wurden nicht nur in einer Reihe von Ländern nachgeahmt, sondern auch im Namen dieser Münzen finden wir ihr Muster. Das sind zum Beispiel die skandinavischen Riksdalers oder die niederländischen Leuwendaalders. Darüber hinaus wurde die Prägung der verschiedenen Tolar-Münztypen natürlich auch in deutschen Landen durchgeführt.

Ironischerweise haben die ursprünglichen, Šlik Tolars für ihre Qualität bezahlt und sind jetzt ziemlich selten. Wegen des hohen Reinheitsgrades des Metalls wurden sie praktisch von Anfang an eingeschmolzen und zur Herstellung minderwertiger Münzen verwendet, vor allem in den fürstlichen Münzstätten der deutschen Länder. Die am längsten verwendete Tolar-Münze ist zweifellos der Maria-Theresien-Tolar, der noch heute in einigen afrikanischen Ländern als inoffizielle Währung verwendet wird.

Eine Fotogalerie der Münzen finden Sie hier: http://mipalfi.rajce.idnes.cz/Tolary/#