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STAATLICHE TABAKFABRIK

3. 6. 2021
Jahrhunderts herrschte im gesamten Erzgebirgsraum eine erhebliche Arbeitslosigkeit, die eine nie dagewesene Armut mit sich brachte. In Joachimsthal kam noch der Rückgang des Bergbaus und die Schließung einer Reihe von Abbaustätten hinzu. Die Stadtvertreter hatten eine Reihe von Ideen, wie man der Armut durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze entgegenwirken könnte. Eine davon war die Idee des Bürgermeisters Ignace Porkert, dort eine Tabakfabrik zu errichten. Zu dieser Zeit gab es nur eine solche Fabrik in Sedlec bei Kutná Hora in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Die Stadt bot ein Grundstück in einem Seitental der Stadt an, das sogenannte Zeileisenland. Zu dieser Zeit befand sich hier eine Rohstofffabrik, die von Dekan Böhm 1835 auf seinem Stadtplan verzeichnet wurde.
 
Dem Purkmister half auch die Tatsache, dass die Regierung in Wien 1852 beschloss, der Arbeitslosigkeit im Erzgebirge und Riesengebirge mit speziellen Subventionen (heute würden wir sagen: Förderungen) zu begegnen. Offiziell wurde das Gesuch zur Errichtung der Fabrik am 7. Februar 1851 vom Bürgermeister Porkert bei der Bezirkshauptmannschaft eingereicht. Am 6. April 1856 gab die Landesregierung ihre Zustimmung. Das von dem örtlichen Baumeister Franz Siegel entworfene Gebäude mit einem "U"-Grundriss von 95 x 47 Metern wurde im Juli 1860 fertiggestellt und die Zigarrenproduktion am 3. November aufgenommen. Dreißig Arbeiter arbeiteten an einzelnen Tischen und am 17. November wurden die ersten 1.500 Zigarren in den Verkauf gebracht. Interessanterweise waren die Frauen in Joachimsthal an die Arbeit zu Hause gewöhnt und strömten nicht in die neue Fabrik. Erst 1863 kam ein offizieller Auftrag zur Bereitstellung von Arbeitskräften in die Stadt.
 
Im Jahr 1867 wurde die Produktion von Rauchtabak eingeführt. Um 1870 herrschte in der Fabrik ein kritischer Mangel an Arbeitskräften. In der Stadtchronik steht, dass 12 jugendliche Jungen zur Arbeit in der Fabrik eingestellt wurden. Sie arbeiteten für 20 Kreutzers pro Tag. Für sie richtete das Unternehmen sogar eine Fabrikschule ein, die gemeinsam von Joachimsthal und dem Staat betrieben wurde.
 
Als Joachimsthal im Jahre 1873 katastrophal abbrannte, wurden die Angestellten und Beamten der Fabrik vorübergehend in den Produktionshallen untergebracht.
 
Die Zigarettenproduktion begann im Jahr 1882. Die Füllung wurde nicht hier produziert, sondern aus der Tabakfabrik in Ljubljana importiert. Im Jahr 1895 wurde eine Lagerhalle mit den Maßen 36 x 16 Meter angebaut.
 
Anfänglich wurde die Produktion nur von Hand durchgeführt. Erst 1870 wurde ein Wasserturbinenantrieb installiert und gleichzeitig ein Wasserversorgungssystem gebaut. 1899 wurde ein Motorantrieb eingeführt und 1903 die elektrische Beleuchtung. Im Jahr 1912 erreichte die Zahl der Mitarbeiter mit 1.174 Personen ihren Höhepunkt. Davon waren 1.000 Frauen. Für die Unterbringung der Beamten wurde 1927 ein vierstöckiges Haus angebaut. 1941 errichteten die Vereinigten Sudetenländischen Zigarrenfabriken "Deter, Halank, Müller" KG ein eigenes Kesselhaus und beantragten die Genehmigung zum Bau eines Lastenaufzugs. Im Jahr 1943 wurde die Produktion eingestellt. Die Gebäude wurden von der Metallwarenfabrik St. Joachimsthal Deter KG (Deter Engineering Factory Jáchymov) übernommen. Der Grund dafür war die Einführung der Rüstungsproduktion. Letztere nahm am 1. Mai 1943 den Betrieb auf. Für den Betrieb der hierher verlegten Maschinen aus den von alliierten Luftangriffen bedrohten Gebieten wurde von der sächsischen Adelsschule aus eine 22-kV-Stromleitung gebaut. Die Maschinen wurden mit Wechselstrom betrieben, während das Kraftwerk der Firma Gleichstrom erzeugte. Aus dem gleichen Grund wurde hier ein Umspannwerk gebaut.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion nicht wieder aufgenommen und die Fabrik wurde 1946 liquidiert. Das Fabrikgelände wurde als Sammelstelle für vertriebene Deutsche genutzt. In die Gebäude zog dann die Generaldirektion der Joachimsthaler Bergwerke ein. Zu dieser Zeit wurde in einem kleineren vierstöckigen Gebäude ein zentraler elektronischer Rechner amerikanischer Herstellung, Holerith, installiert, auf dem die Materialaufzeichnungen der gesamten Joachimsthaler Gruben geführt wurden. Dieser Computer, mit der notwendigen Klimatisierung, belegte das gesamte Gebäude. Das Gebäude hinter der Generaldirektion beherbergte dann die Garagen der Generaldirektion und die Zentralwerkstatt für die Reparatur von Bergbauausrüstungen (ursprünglich eine Schreinerei).
 
Nach dem Ende des Uranbergbaus hatte hier Tosta, n.p., Aš (Strickerei) ein Werk. Damals befand sich hier das Werk TESLA Karlín, das Telefonzentralen herstellte. Nach 1989 waren hier mehrere andere Firmen angesiedelt. Heute gibt es ein Wohnheim für sozial Benachteiligte und seit 1996 eine Produktionsfirma VJB.
 
Die Fabrik war über ein Anschlussgleis mit dem Bahnhof und damit mit der Strecke nach Ostrov verbunden. Zu Beginn des Betriebs der Strecke war die Tabakfabrik der Hauptbetreiber, wobei die Züge hauptsächlich Kohle transportierten. Hinter dem Kulturhaus ist der Bodeneinschnitt für das Abstellgleis noch deutlich sichtbar.